Literarische Unschärfe

Einer Ästhetik der Unschärfe kommt in Fotografie, Film und Malerei seit jeher eine gewichtige Rolle zu. Im Gegensatz dazu wird sie in der Literatur als Marginalie gehandelt. Wurde sie dort überhaupt beachtet, dann ausschließlich im Zusammenhang intermedialer Inszenierungen. Die Unschärfe bleibt in diesen Fällen ein Fremdkörper innerhalb der Literatur. Unschärfe ist aber sehr wohl auch ein literarisches Phänomen. Sie lässt sich als zeichentheoretische, erzähltheoretische und rhetorische Textfigur definieren. Seit der Frühen Neuzeit, so die These des Forschungsprojekts, kommt der Literatur innerhalb des literarischen Diskurses eine elementare Rolle zu. Als im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert die Physiologie des Sehens von antiken Vorstellungen losgelöst wird, ruft die unscharfe Wahrnehmung die Frage nach der Erkenntnisfähigkeit des Menschen neu auf. 
Wissenspoetisch betrachtet dient die literarische Unschärfe dazu, jene Gebiete des Wissens neu zu kartieren und über Wissensränder hinweg auch das historisch spezifische Nicht-Wissen zu formieren. 

Aufsatz: Literarische Unschärfe. Zu ihrer Poetik und ihrem frühneuzeitlichem Debüt bei Klaj und Brockes, in: Zeitschrift für deutsche Philologie (4) 2018, S. 489-518.

Intermedialität im Verschwommenen. Unschärfe in der Kurzprosa und Lyrik der Moderne: MLA Convention, Mediality and Intermediality, unter Leitung von Katja Garloff, 4. bis 7. Januar 2018, New York City.

Schön ist, wenn der Text verschwimmt? Literarische Unschärfe. Indiana University (Bloomington), am 20. Oktober 2017 (auf Einladung von Prof. Dr. Fritz Beithaupt).

„Was weiter folgte, brauchen wir nicht zu melden…“. Heinrich von Kleists „Poetik der Unschärfe“, in: Kleist Special, Forschung Frankfurt (2) 2011, S. 68-69.

http://www.deutschlandfunk.de/poetische-zeichen-der-zeit.1148.de.html
dram:articleid=180811